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Gemeinde-Spaziergang in das „andere Porto“ am 10. September 2022

  

Am 10.09.2022 trafen sich bei schönem Septemberwetter 11 Personen aus der DEKP zu einem Stadtspaziergang an der Ponte Luis I gaiaseitig, um die östliche Seite Portos zu erkunden, jenseits der bekannten Touristenpfade. Auf der Agenda stand zum einen die Zeit der Industrialisierung Portos in der zweiten Hälfte des 19. Jhd und zum anderen autonome Gärtnerprojekte am Douro-Ufer unterhalb der Alameda das Fontainhas. Gespannt waren alle, wieviel die seit 20-40 Jahren in Porto lebenden TeilnehmerInnen die „anderen“ Ecken Portos bereits kannten oder ob es wirklich etwas Neues sein könnte.

Es ging durch die Rua Chá mit seinen vielen kleinen Handwerksläden (Lederverarbeitung, Schusterei, Schneiderei, Schraubengeschäft u.v.a.m.) Richtung Batalha und weiter an der Capela dos Alfaiates vorbei durch die Rua do Sol. Diese Straße aus der Mitte des 17. Jhd zeigt die typischen schmalen Portuenser Häuser mit ihren eisernen engen Balkonen, die das Bild der Straße prägen. Weiter auf der Rua de Alexandre Herculano fanden wir einen unscheinbaren, engen Eingang zu einer Besonderheit der Portuenser Geschichte zum Zeitpunkt der beginnenden Industrialisierung in der Mitte des 19. Jhd: die „ilha“ Herculano. Ein kleines Viertel, erbaut um 1850, das sich durch kleine Häuser für die Arbeitsmigranten auszeichnet.



 


Die industrielle Entwicklung in Porto mit der entstehenden Textilindustrie, dem wachsendem Handwerk und dem Bau von Eisenbahnbrücken und -gleisen, brachte eine Arbeitermigration aus den umliegenden ruralen Gebieten mit sich, die die Bevölkerung Portos in nur 36 Jahren von 87.000 Einwohnern in 1864 auf 168.000 Einwohner in 1900 auf das doppelte ansteigen ließ. Aufgrund dieser Tatsache wurden in Porto kleine Viertel gebaut, die mit einstöckigen (Reihen-)Häusern von 4 x 4 m ausgestattet wurden, ohne fließend Wasser und Kanalisation, für die Arbeitsmigranten und ihre Familien mit häufig 10 Personen u.m. Bevor sich unsere Gruppe die Ilha ansahen, wurden einige soziologischen und architektonischen Informationen über die Geschichte der bis zu 1.301 ilhas in Porto bis hin zur Erbauung der SAAL-Siedlung Bouça durch den späteren Pritzker-Preisträger Álvaro Siza Vieira gegeben.

 

Weiter ging es nach einer kleinen Kaffeepause über die Alameda das Fontainhas mit dem alten Schlachthaus aus dem 19.Jhd an dem Steilufer des Douros hinunter, wo sich ein großes Areal eines autonomen Gärtenprojektes befindet, wo tatsächlich Obst und Gemüse in kleinen Parzellen zu finden waren. Mit dem Heruntersteigen über unebene und steile sowie ungleichmäßige Treppen gelangten wir auf die alten Bahnschienen, welche uns wunderschöne, spektakuläre und nicht gekannte Ausblicke auf den Douro mit seinen Brücken sowie auf die Gaia-Seite ermöglichten. Hier liefen wir eine ganze Weile auf den alten, verwilderten Bahnschienen und durch einige Tunnel an der Steilwand entlang, die z.T. interessante Graffits aufwies. Anschließend gab es eine anstrengende Kletterei über ca. 150 Treppen nach oben auf die Rua de Gomes Freire. Hier zog es uns in die R. de S. Victor, die auch als „Rua das ilhas“ bekannt ist, in der man die ersten gebauten ilhas sehen kann, die allerdings auf das gegenwärtige Problem von erschwinglichem Wohnraum versus für Touristen renovierten ilhas-Häusern (Immobilienspekulation) aufmerksam macht.   



  

Nach dem ca. dreistündigen Spaziergang wurde dieser mit einem geselligen Restaurantbesuch bei portugiesischen Leckereien auf dem Praça dos Poveiros beendet.

Den Teilnehmenden hat der Spaziergang bei dem schönen Wetter viel Spaß gemacht, und viele hatten in der Tat diese Ecken von Porto noch nicht gesehen!

Gerd Richter