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Geistlicher Impuls zu Epiphanias von Pfarrerin Ute Clamor

 


Der Herr gibt den Müden Kraft - 

Was nehmen wir mit aus dem vergangenen Weihnachtsfestkreis für den Weg durch das neue Jahr? -
Einen Impuls finde ich in diesem Bild:

Es zeigt ein romanisches Kapitell in der Kathedrale von Autun in Burgund. Gislebertus hat es zwischen 1120 und 1146 gemeißelt. Wir sehen den Boten Gottes und die sog. heiligen drei Könige auf dem Nachtlager. Über ihnen der Stern von Bethlehem. Der oberste der drei Weisen ist wach. Eine Berührung des Engels hat ihn geweckt. Mit dem linken Zeigefinger zeigt der Engel auf den wegweisenden Stern. Die drei sollen auf einem anderen Weg in ihre Heimat zurückkehren. Das Bild nennt sich „Der Traum der Könige“. Es thematisiert aber nicht den Traum, sondern das Erwachen aus der Dunkelheit und den Aufbruch ins Licht.

Die Darstellung erzählt von unserer menschlichen Geschichte:
Auch wir sind Suchende. Wohin geht meine Lebensreise, welchen Weg soll ich gehen?

Manchmal ist es hell, manchmal herrscht dunkle Nacht. Manchmal wache ich nachts auf und mache mir Sorgen. Und ich möchte mir dann am liebsten eine Decke über den Kopf ziehen. Aber die Decke ist zu kurz, etwas schaut immer heraus, Kopf oder Füße oder Arme. Ich bin gezwungen, mich mit dem Hier und Jetzt auseinander zu setzen. Und es erfasst mich schon mal der kalte Wind. Ja, manchmal werde ich aus meinen Träumen gerissen, und mein Weg ist plötzlich ein anderer, aber mit gutem Ziel.

Die drei Könige liegen unter einer Decke, ein Zeichen der Einheit. Sie sind drei und doch eins. Wir sind gewissermaßen auch „drei-einig“ und bestehen aus Körper, Geist und Seele.

Der unterste König könnte unseren Körper symbolisieren. Der mittlere steht für den Geist, die Vernunft. Diese beiden Könige haben die Augen geschlossen: Die körperlichen Sinne und die Rationalität sind blind für die Berührung des Engels. Unsere Sinne und unsere Vernunft können Gottes Wirken nicht erfassen. Allein der obere König – er steht für die Seele - hat die Augen geöffnet. Er spürt die Berührung des Gottesboten.

Ich wünsche uns, dass wir die Fingerzeige Gottes erkennen und dass wir die Fähigkeit haben, Gottes leise Berührungen zu spüren, damit wir Kraft erhalten, nach vorn zu sehen und zu gehen. Es sind oft leise Berührungen, so wie der Engel den König nur mit einer Fingerspitze berührt, wie ein heilsamer Anstoß. Es sind inspirierende, beflügelnde Ermutigungen – Sternstunden, die uns andere Menschen schenken und durch denen Gott wirkt. Und dann kann es passieren, dass ich die Augen öffne und einen Lichtblick entdecke, und die Hoffnung wächst. Und dann wird wahr, was der Prophet Jesaja sagt: „Der Herr gibt den Müden Kraft, den Kraftlosen verleiht er große Stärke.“ (Jes.40,29)

Ich wünsche uns, dass uns beim Nachdenken über unseren Weg durch dieses neue Jahr wirklich ein Licht aufgeht, das ein Hoffnungslicht ist.

Ihnen und euch ein gesegnetes und hoffentlich friedvolles Jahr 2024!

Ihre / Eure Ute Clamor