Direkt zum Hauptbereich

Die Tür geht nach innen auf - eine geistliche Betrachtung zum Advent von Pfarrerin Ute Clamor



Eins der bekanntesten Adventslieder ist „Macht hoch die Tür“, die Nr. 1 in unserem Gesangbuch. Gedichtet wurde es in Anlehnung an den Psalm 24 und Jesaja 40,3.
Auch wenn viele kleine (und auch große) Menschen morgens in schöner Regelmäßigkeit die Türchen des Adventskalenders mühelos öffnen – die Tür zu Weihnachten, die Bedeutung des Weihnachtsfestes erschließt sich manchem nicht so leicht.

Eine Legende erzählt von einem Abt, der einen Novizen zu unterweisen hatte. Eines Morgens rief er den Novizen an die Klosterpforte mit dem Auftrag, sie zu öffnen.
Mit aller Kraft drückte der junge Mann gegen die Tür, doch die Tür gab nicht einen Spaltbreit nach.
„Sie lässt sich nicht mit Kraft und Macht öffnen“, lächelte der Abt.
„Sie geht überhaupt nicht nach außen auf. Sie lässt sich nur nach innen öffnen.“

Die Tür, sie geht nach innen auf.
Ein aussagekräftiges Bild für die Wochen, die nun vor uns liegen:
Weihnachten lässt sich nicht machen.
Wie so vieles, was uns ablenkt oder woran sich unsere Kraft erschöpft. Wir überfordern uns und übersehen dabei das Einfache und Naheliegende:
„Die Tür geht gar nicht nach außen auf. Sie geht nach innen auf.“
Wir übernehmen uns, wenn wir zum Himmel gelangen wollen.
Weihnachten erzählt es genau umgekehrt.
Gott kommt zum Menschen.
Nicht der Mensch wird Gott, sondern Gott wird Mensch. In Jesus Christus bekommt seine Menschenliebe Hand und Fuß.
Die Welt wird nicht zum Paradies, sondern Gott begibt sich mitten unter ihre Ungerechtigkeit und ihr Leiden. Gott will in das innere Wesen unseres Lebens eintreten:
„Gott ist, wo man ihn einlässt.“ (Meister Eckart).

Die Tür geht nach innen auf – und dann steht sie auch nach außen offen.

Über einer Klosterpforte las ich tatsächlich den Spruch:
‚Die Tür steht offen, mehr noch das Herz“.

Das ist mein Advents- und Weihnachtswunsch für uns alle!
Ich wünsche uns selbst ein weites Herz, und ich wünsche uns, dass auch uns offene Herzen und Türen begegnen.

„Macht hoch die Tür“: Nun singen wir es wieder, und hoffentlich heißen wir Gottes Liebe, die in uns geboren werden und gedeihen soll, willkommen.

Mit herzlichen Wünschen für ein gesegnete Advents- und Weihnachtszeit und ein friedvolles Jahr 2025 grüßt Sie und euch

Ute Clamor, Pfrn.i.R.